Identitätsmissbrauch ist ein wachsendes Phänomen im Cyberspace. Das BSI (Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik) hat bei einer Untersuchung Anfang des Jahres allein in Deutschland rund 16 Millionen gehackte Benutzerkonten entdeckt und spricht von „großflächigem Identitätsdiebstahl“. IBM hat nun eine patentierte Technik vorgestellt, die Unternehmen, deren Schwerpunkt auf Online- und Cloud-basierten Geschäftsmodellen liegt, hilft, diesen Missbrauch zu unterbinden. Durch die Analyse des Surfverhaltens kann festgestellt werden, ob ein Kunde, der über einen Computer, ein Tablet oder ein anderes mobiles Endgerät auf eine Webseite oder eine App zugreift, auch derjenige ist, für den er sich ausgibt.
Die patentierte Erfindung von IBM kann Webseiten-Betreibern, Cloud-Service-Anbietern und App-Entwicklern helfen, effizienter und effektiver Bedrohungen festzustellen und mithilfe von Analysen die Betrüger zu stoppen. Die neue Lösung basiert dabei auf folgender Überlegung: Wenn Personen auf Onlinebanking- oder Shoppingseiten zugreifen, entwickeln sie unbewusst typische Verhaltensweisen, wie sie auf der Webseite agieren: sie klicken zum Beispiel bestimmte Seiten häufiger an als andere, benutzen bestimmte Tasten zum Navigieren, arbeiten ausschließlich mit der Maus, dem Trackball oder Touchscreen. Es entstehen „wiedererkennbare“ Verhaltensmuster für jedes einzelne Individuum, ähnlich wie sie auch beim Telefonieren oder anderen persönlichen Interaktionen zu beobachten sind.
Auf genau diese Unterschiede zielt die neue IBM Erfindung: Sie registriert Verhaltensweisen und analysiert sie. Sobald eine Veränderung diagnostiziert wurde, wird eine sekundäre Authentifizierungsmaßnahme ausgelöst, etwa eine Sicherheitsfrage, die nur vom autorisierten Nutzer beantwortet werden kann. „Unsere Lösung, die auf der Echtzeit-Analyse von Daten beruht, verbessert die Wirksamkeit der Authentifizierungs- und Sicherheitssysteme“, sagt Gerd Rademann, Business Leader Security Systems, IBM DACH. „Wenn beispielsweise eine Person ihr Surfverhalten beim Onlinebanking oder im Onlineshop plötzlich ändert, kann das auf Missbrauch hindeuten – oder aber auf eine gebrochene Hand. Deshalb ist es sinnvoll, eine zusätzliche Identitätsbestätigung zu verlangen, bevor die Transaktion durchgeführt werden kann. Denn unsere Erfahrungen zeigen, dass solche Verhaltensänderungen häufig auf einen Betrugsversuch hinweisen.“
Das Patent kommt zur richtigen Zeit: Da Geschäfte immer häufiger online oder über die Cloud abgewickelt werden, nutzt eine neue Generation von Cyberbetrügern die digitalen Kanäle, wie beispielsweise mobile Endgeräte, soziale Netzwerke oder Cloud-Plattformen, um Schwachstellen auszunutzen, Passwörter zu entwenden oder Webseiten zu hacken. Trotz starker Passwörter und Authentifizierungssysteme schreitet dieser Missbrauch scheinbar unaufhaltsam voran.
IBM erhielt für die Erfindung eines „User-browser interaction-based fraud detection system“ ein amerikanisches Patent. Die neue Lösung ist auch eine Antwort auf „IBM’s 5 in 5 Innovationen“ vom vergangenen Dezember. Dort wurde prognostiziert, dass Individuen in fünf Jahren von einem digitalen Aufpasser online beschützt werden. Das IBM Detection-System folgt diesem Ansatz, denn Sicherheit bedeutet mehr als nur der Einsatz von Passwörtern. Es wird vielmehr das individuelle Verhalten jedes Einzelnen in den Mittelpunkt gerückt.
IBM investiert rund sechs Milliarden US-Dollar jährlich in Forschung und Entwicklung. Auch beim Thema Sicherheit wird intensiv an neuen Lösungen und verbesserten Konzepten gearbeitet. Mit großem Erfolg: In 21 aufeinander folgenden Jahren führt IBM die Liste der Neuanmeldungen von Patenten an, rund 290 davon kommen aus den Bereichen Missbrauch und Betrug.